Das Überstunden-Paradoxon

29 Okt 2023 | Gesellschaft, Unternehmen

Die Gründe, um mehr Stunden zu arbeiten, als vertraglich festgelegt ist, sind vielfältig.  Dafür gibt es viele möglich gute Gründe.  Langfristig gesellschaftlich gesehen sind Überstunden aber eigentlich ziemlich un-sinnig.  Warum erkläre ich in diesem Artikel.

Der vermeintliche Sinn von Überstunden

Für eine einzelne Person kann es hilfreich sein, bspw. um mehr Stunden ausbezahlt zu bekommen oder Zeitausgleich anzusparen, es kann aber auch sinn-voll sein, um die Kolleg*innen nicht hängen zu lassen.  Für Unternehmen kann es hilfreich sein, weil die Arbeit weiterhin erledigt wird, auch wenn zeitweise nicht ausreichend Personal vorhanden ist.  Gut für ein Unternehmen ist natürlich auch, wenn Menschen freiwillig (unbezahlte) Überstunden machen, um das Unternehmen oder einen für sie wichtigen Sinn voranzubringen – das ist oft auch wirtschaftlich profitabel.

Wer steckt im Überstunden-Paradoxon?

Aus meiner Erfahrung als Unternehmensberaterin (und auch aus persönlicher 😉) weiß ich:  Generell laufen insbesondere jene Menschen Gefahr sehr viele Überstunden zu machen, die sich besonders in ihrem Beruf engagieren.  Diejenigen, die weiterdenken, etwas bewegen und verwirklichen wollen.  Jene, die einer größeren Vision folgen und Wege suchen, um diese Wirklichkeit werden zu lassen.  Diejenigen die 120% geben und mehr Möglichkeiten in ihrem Tun sehen, als das Funktionieren für eine*n Arbeitgeber*in.

Auch solche Menschen, die einen sehr starken Team-Sinn haben, die sich untereinander füreinander einsetzen, damit nicht eine*r allein die vielleicht zu große Arbeitsmenge bewältigen muss oder bspw. keine Patient*innen einen Versorgungsnachteil haben, gehören hier hinein.  Diejenigen also, die über die eigenen Vorteile hinaus besonders sozial denken und handeln.  Kurz gesagt oftmals sind genau jene Menschen, die wichtig für uns als Gesellschaft sind jene, die sich im bestehenden System verausgaben, aufbrauchen und langfristig untergehen, da sie es sind, die eben nicht die klassische Karriereleiter erklimmen, da ihre Prioritäten und Werte woanders liegen.

Wir verpulvern die Energie derjenigen, mit der größten SelbstwirkKRAFT

Diese Menschen sind es, die uns gesellschaftlich potenziell voranbringen.  Die Menschen, die wir brauchen, damit wir aus alten Mustern ausbrechen und über uns hinauswachsen können, über das, was sonst so üblich ist.  Das sind die Leader*innen von morgen.  Und mit unserer aktuellen Auffassung von Arbeit sorgen wir dafür, dass diese SelbstwirkKraft verpulvert wird.  Wir holen nicht das bestmögliche für unsere Gesellschaft heraus, sondern stoppen in der Nützlichkeit auf einer individuellen und wirtschaftlichen Ebene.  Meistens.  Das ist insbesondere in jenen Berufen fatal, die an sich eine sehr hohe gesellschaftliche Relevanz haben und eine wir5tschaftlich gesehen geringe.  Wie bspw. Berufe im Gesundheitswesen.

Wenn die Kraft versiegt wirkt das Überstunden-Paradoxon negativ 

Potenzial geht flöten.  Auf allen Ebenen.  Wenn jemand engagiert und motiviert ist (intrinsisch) und Veränderungen sieht, die uns allen zukünftige zugutekommen und wir dafür sorgen, dass das nur im Rahmen von einem Add on zum Dienst nach Vorschrift funktioniert, dann lassen wir Chancen sausen.  Denn was passiert auf Dauer?  Dieser Mensch bleibt so lange am Ball, bis keine Energie mehr vorhanden ist, muss sie auftanken und wird dann vermutlich eher zurückhaltend sein im Engagement innerhalb der bestehenden Strukturen.  Weil der Versuch durch eigene Motivation etwas voranzutreiben in einem Rahmen, der dafür viel zu eng ist, frustriert und Kraft saugt. Auf lange Sicht verlieren wir das Potenzial als Gesellschaft, denn diese Menschen sehen sich früher oder später genötigt sich nicht mehr auf das große Ganze, sondern nurmehr auf sich und ihre direkte Umgebung zu konzentrieren. Ganz abgesehen davon, dass wir diese Person gegen die Wand rennen und liegen lassen.  Und als Gesellschaft bleiben wir viel länger stehen als notwendig

 

 

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